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Powdern zwischen Tirol und Salzburg

150 Pistenkilometer, zwei Bundesländer und endlose Tiefschneehänge – das ist die Zillertal Arena. Während in vielen benachbarten Skigebieten die Offpiste-Varianten häufig schon wenige Stunden nach dem letzten Schneefall zerpflügt sind, findet man hier auch ein bis zwei Tage später noch jungfräuliches Powderterrain.
Skifahrer beim Tiefschneefahren in der Zillertal Arena.
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Marius Schwager

Schon vor Urlaubsstart beginnt in der Zillertal Arena die Qual der Wahl nach dem richtigen Basecamp. Mit Zell am Ziller, Gerlos, Königsleiten und Hochkrimml überspannt die Zillertal Arena vier Orte, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Wer neben der Arena auch andere Skigebiete des Zillertals erkunden möchte, ist in Zell am Ziller gut aufgehoben. Gerlos bildet den besten Ausgangspunkt, um alle Winkel der Arena und der umliegenden Berge kennenzulernen. Hochkrimml mit der Gerlosplatte ist insbesondere für Familien mit kleineren Kindern sehr empfehlenswert, und Königsleiten vermittelt das Gefühl eines abgelegenen Almdorfs.

Für unseren Erkundungstrip ist Gerlos die beste Adresse. Aus dem Zillertal geht es über die Gerlospassstraße in Serpentinen steil hinauf in die kleine langgezogene Ortschaft. Eingenistet zwischen den weitläufigen Kitzbüher Alpen zur Linken und den hoch aufragenden Zillertaler Alpen zur Rechten fühlt man sich auf einer Höhe von 1.200 Metern direkt wie in einer Urlaubswelt.

Jede Menge Platz für First Tracks

Als wir auf den Parkplatz der Isskogelbahn einbiegen, will das Wetter noch nicht ganz so mitspielen. Die Sonne versteckt sich hinter einer dicken Wolkenschicht. Heute wollen wir erst einmal den hinteren Teil des Skigebiets mit Königsleiten und der Gerlosplatte in Augenschein nehmen. Die Gondel bringt uns in wenigen Minuten ins Skigebiet. Auf den breiten Pisten am Isskogel, dem Hausberg von Gerlos, bringen wir uns auf Betriebstemperatur. Die fix installierte Rennpiste motiviert uns natürlich gleich dazu, gegeneinander anzutreten.

Der Übergang von Gerlos nach Königsleiten führt durch den Krummbachgraben. Von Gerloser Seite gilt es erst einmal, die Schwarze 36 zu überwinden. Bei harten Pistenverhältnissen kann diese schattige Piste es schon ziemlich in sich haben. Da es aber in den letzten Tagen einige Zentimeter geschneit hat, finden wir beste Bedingungen und genügend Platz für erste Tiefschneeschwünge jenseits des Pistenrandes.

Mit Moseltretalmlift, Fussalm X-press und Falschbach-Gondel geht es hinauf auf die 2.315 Meter hohe Königsleitenspitze. Für einige Stunden verlassen wir das Bundesland Tirol und führen unsere Erkundung auf Salzburger Territorium fort. Unweigerlich fallen uns aus der Gondel die Hänge am Falschriedel ins Auge, ein Paradeskiberg, wie er im Buche steht. Die 100 Höhenmeter von der Bergstation zum Falschriedel könnte man auch gut zu Fuß zurücklegen. Da wir die Felle aber ohnehin im Rucksack haben, ziehen wir sie schnell auf und erreichen nach wenigen Minuten das Gipfelkreuz. Der Hang ist zwar nicht mehr jungfräulich, es gibt aber schon noch genügend Platz für First Tracks.

Mit einem Freudenschrei stürze ich mich rein ins Vergnügen. Zwei, drei Schwünge – und die ersten weißen Puderkristalle fliegen bereits an meinem Kopf vorbei. Anhalten kommt nicht infrage. In so einem Hang möchte ich einfach nur einen Schwung an den anderen reihen und steuere in großen Radien hinab zur Liftstation.

Hotspot für viele Rennteams

Diesmal halten wir uns am Ausstieg rechts. Die Hänge an der Larmachbahn sehen vielversprechend aus. Unmittelbar zwischen den Pisten warten einige kurze Couloirs, umrandet von kleineren Cliffs und ein breiter Hang, der zum Lift hin langsam ausflacht.

Nun wollen wir aber auch noch ganz hinüber zur Gerlosplatte. Über die Talabfahrt geht es nach Königsleiten. Die meisten Hotels und Chalets in dem kleinen Almdorf am Gerlospass haben direkten Zugang zur Piste. Ski-In-Ski-Out könnte auch in Amerika nicht besser zelebriert werden. Die schönen Chalets schmiegen sich nahezu perfekt in die Landschaft ein. Was für ein Winter Wonderland!

Die Gerlosplatte ist insbesondere unter Rennfahrern sehr beliebt. An Wochenenden und in den Ferien kommen viele Rennteams hierher, da die Höhenlage und die gute Erreichbarkeit der Pisten bestens für den Rennlauf geeignet sind. Auch wir lassen es uns nicht nehmen zu fragen, ob wir mit unseren breiten Latten und Freeriderucksäcken einmal den gesteckten Lauf am Duxerlift fahren dürfen.

Doch auch für Powder-Lover hat die Gerlosplatte noch eine Überraschung parat: Ganz hinten am Handlalmlift wurde die Piste heute noch nicht gewalzt, und auch rechts und links der Piste gibt es jede Menge Snow-Patches, die nur darauf warten, befahren zu werden.

Eine Person auf Ski inmitten einer verschneiten Berglandschaft in der Zillertal Arena.
© Marius Schwager

Ein genialer Naturspielplatz

Tag zwei ist Kreuzjoch-Day. Auch wenn Kitzbühel gefühlt weit, weit weg liegt, so bildet das Kreuzjoch mit 2.558 Metern das Dach der Kitzbüheler Alpen. Kreuzjoch und der benachbarte Rifflerkogel können mit unterschiedlichsten Runs in alle Himmelsrichtungen punkten. Um dorthin zu gelangen, verlassen wir am Isskogel kurz die Piste und nutzen die Hänge Rider’s right der Teufeltalbahn zum Warm-up. Die neue Gondelbahn „Wilde Krimml“ bringt uns in zwei Etappen hinauf zum Übergangsjoch, das in den letzten Jahren etwas verbreitert werden musste. Grund hierfür ist die neue Kapaunsbahn, die auf Zeller Seite ein ganz neues Bowl für Freerider erschließt.

Auf unserer ersten Fahrt tasten wir uns langsam an den breiten Nordwesthang heran. Ein Hang mit einer Steilheit von 35 bis 40 Grad und Cliffs in jeder Größenordnung. Was für ein genialer Naturspielplatz! Auf kupiertem Gelände pflügen wir weiter durch den fluffigen Tiefschnee. Eine letzte kleinere von Bäumen umrandete Bowl, dann stehen wir vor der Liftstation. Auch auf Fahrt zwei, drei und vier finden wir beiderseits der Piste immer neue Lines. Das Terrain des Kapaunslifts scheint grenzenlos zu sein.

Regionale Köstlichkeiten

Gegen Mittag macht sich mein Magen bemerkbar. Von unserem letzten Zillertal-Arena-Besuch vor einigen Jahren habe ich noch die Kreuzwiesenalm in bester Erinnerung. Mit geschulterten Ski erklimmen wir den Gipfel des Kreuzjochs. Glücklicherweise wird der südseitige Kessel nur von wenigen Insidern befahren. Dabei warten hier 600 Höhenmeter Offpiste und das häufig in feinstem Firn.

Heute Nachmittag hat die Sonne eindeutig die Oberhand gewonnen. Gemütlich lassen wir uns auf der Panoramaterrasse der Kreuzwiesenalm nieder. Auf der „Schmankerlhütte“, wie die Kreuzwiesenalm auch genannt wird, steht Regionalität an erster Stelle. Nahezu alle Zutaten kommen aus dem Zillertal oder der näheren Umgebung. Die Zubereitung dauert im Zweifelsfall manchmal einige Minuten länger, dafür ist jede Speise aber auf jeden Fall garantiert frisch. Ob Rindssuppe oder Germknödel, jedes Gericht hat eine ganz besondere Raffinesse.

Rundum gesättigt machen wir uns wieder auf den Weg. Gar nicht so leicht, sich nach so einem Gaumenschmaus wieder aufzuraffen. Doch spätestens zurück am Übergangsjoch, sind wir wieder hellwach. Zunächst traversieren wir linker Hand die Osthänge des Rifflerkogel und freuen uns über den Powder zum Lifteinstieg in der Wilden Krimml. Anschließend traversieren wir rechter Hand und finden diverse schöne Lines an den Hängen von Kreuzjoch ins Teufeltal.

Wenn in guten Wintern der Schnee bis hinab ins Zillertal liegt, gehören die Offpiste-Varianten nach Aschau und Stumm zu den Runs, die man sich nicht entgehen lassen darf. Vom Rifflerkogel bis ins Zillertal kann man sich an guten Tagen über 1.700 Höhenmeter am Stück erfreuen.

Ein Skifahrer beim Freeriden in der Zillertal Arena.
© Marius Schwager

Abseits des Trubels

Leider reicht die Schneedecke in dieser Saison dafür nicht aus. Trotzdem wollen wir an Tag drei etwas Besonderes im Backcountry der Zillertal Arena unternehmen. Mit Fellen ausgerüstet, machen wir uns auf den Weg und fahren erneut zum Übergangsjoch. In Nordöstlicher Richtung nehmen wir Schwung und versuchen, in der Hochebene möglichst weit über den zugefrorenen Langersee zu kommen. Auffellen ist angesagt. Erstes Ziel des Tages ist der Katzenkopf, nach dem Kreuzjoch zweithöchster Punkt der KitzAlps. Rund 300 Höhenmeter gilt es bis zum Gipfel zu überwinden.

Schritt für Schritt setzen wir einen Fuß vor den anderen und freuen uns, dass wir die vorhandene Aufstiegsspur nutzen können. Nach dem ganzen Trubel, den wir vorhin an der Gondel erlebt haben, ist es kaum zu glauben, dass wir nun nur wenige Meter vom Skigebiet entfernt fast für uns ganz allein sind. Nur noch eine andere Zweierkombo hat die gleiche Idee und hat sich rund zehn Minuten vor uns auf den Weg gemacht. Beginnend mit einem Flachstück führt die Route in einem Linksbogen auf den Gipfel zu.

Im oberen Teil steilt der Südhang des Katzenkopfs weiter auf, und nach 40 Minuten haben wir es geschafft. Das Skigebiet scheint in weiter Ferne und unter unseren Füßen liegen die Nordhänge von Katzenkopf und Torhelm. Heute darf Marius vorfahren. In der schattigen Nordexposition ist der Schnee noch um einiges kühler als im Süden. Mit seiner charakteristischen Leichtigkeit taucht Marius in den Powder ein und nimmt in langen Turns, ohne anzuhalten, die 500 Höhenmeter in den Hemerergrund. Klar könnte er auch früher schon anhalten, aber bei diesen Bedingungen will man jeden Meter auskosten.

Im flachen Hochtal angekommen, müssen wir erneut die Felle aufziehen. Zweites Ziel des Tages ist der Torhelm, der nicht mit seinem gleichnamigen Bruder auf der anderen Talseite von Gerlos zu verwechseln ist. Unser Torhelm bildet den Übergang vom Zillertal ins Brixental und wird gerne auch aus der Kelchsau von Norden her bestiegen.

Perfekte Fernsicht belohnt Spurarbeit

In östlicher Richtung nehmen wir Kurs auf die Öfeler Scharte. Da hier niemand seit dem letzten Schneefall unterwegs war, müssen wir Spurarbeit leisten. In der Scharte treffen wir aber auf eine Aufstiegspur und erreichen nach einer guten Stunde Aufstieg das Gipfelkreuz. Bei nahezu perfekter Fernsicht lassen wir unsere Blicke schweifen und genießen die Aussicht über die Berge Langen Grunds bis hin zum Wilden Kaiser.

Der direkte Weg zurück ins Skigebiet würde über die Südhänge des Torhelms zum Krimml X-Press führen. Wir entscheiden uns aber für die längere Variante ins Krummbachtal und traversieren flach hinüber Richtung Kastenwendenkopf. Die Hänge hinunter ins Krummbachtal sind klassische Tourenhänge mittlerer Steilheit. Nicht extrem, aber ein genüsslicher Abschluss für eine gelungene Skitourenrunde.

Gut gelaunt nehmen wir den Krummbach X-Press hinauf und fahren ein letztes Mal nach Gerlos ab. Drei Tage in der Zillertal Arena haben unsere hohen Erwartungen nochmals übertroffen. Powder neben den Pisten an Königsleitenspitze und Gerlosplatte, das unbeschreibliche Freeride Areal am Kapaunslift, eine wunderschöne Skitour im weiten Backcountry und der vielleicht beste Germknödel Tirols. Zillertal Arena, wir kommen wieder …

Eine Person auf Ski mit Blick auf die verschneite Bergkulisse des Zillertals.
© Marius Schwager

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