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Wo Spitzenköche Ski fahren

Marco Müller machte das Rutz zu Berlins erstem Drei-Sterne-Restaurant. Während Der Spitzenkoch die Produkte für seine ausgefeilten Gerichte direkt im Berliner Umland findet, lässt ihn sein liebstes Hobby, das Skifahren, mindestens einmal jährlich in die Ferne schweifen.
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Rutz

DIn Babelsberg geboren, in Potsdam aufgewachsen und der Region Berlin im Grunde genommen immer treu geblieben: Marco Müller kochte überwiegend in der Hauptstadt und stets in den angesagtesten Betrieben der Stadt, stehen doch die damaligen Restaurants Harlekin, Kempinskigrill, Zum Hugenotten und nicht zuletzt das Grand Slam von Johannes King in seinem Lebenslauf. Klar ist aber auch, dass selbst ein so heimatverbundener Koch irgendwann einmal auf Wanderschaft geht, und so heuerte Müller kurz vor der Jahrtausendwende als Souschef im Imperial auf der berühmten Bühlerhöhe im Schwarzwald an.  

Nach nur zwei Jahren lockte ihn der nächste Karrieresprung aber schon wieder zurück in die Heimat, und so trat er seinen ersten Posten als Küchenchef an – wieder im Harlekin und dazu äußerst erfolgreich: „Der Feinschmecker“ kürte ihn 2000 direkt zum „Aufsteiger des Jahres“ in Deutschland. 2004 begann Spitzenkoch Müller an seiner heutigen Wirkungsstätte, dem Restaurant Rutz in Berlin-Mitte.  

Von der Weinbar zum Sternerestaurant

2001 zunächst als reine Weinbar von der viel zu früh verstorbenen Sommelier-Legende Lars Rutz und dem Ehepaar Anja und Carsten Schmidt eröffnet, hat sich das Restaurant über die Jahre und unter der Führung von Küchendirektor Marco Müller zum ersten und bisher einzigen Drei-Sterne-Restaurant Berlins entwickelt. 

Als familiengeführtes Haus, ohne einen Investor im Rücken, bedeutet das nicht nur eine kontinuierliche Weiterentwicklung in Küche und Service, sondern auch über zwei Jahrzehnte Durchhaltevermögen, inklusive zu überstehender Pandemie. Diese brach 2020 und damit just in dem Jahr über Berlin und die Welt hinein, als das Rutz seinen dritten Stern erhalten hatte. 

Berlin ist eine Reise wert

Marco Müllers Küche zeichnet sich seit jeher durch ihre Liebe für die Produkte des Berliner Umlands aus, ist – wie er selbst – leidenschaftlich heimatverbunden und bodenständig. Wie viel kreative Energie aber in seinen einfachen und klaren Gerichten steckt, wird spätestens dann deutlich, wenn man mit ihm über deren Entstehung und über die aufwendige Verarbeitung teils ungewöhnlicher Zutaten spricht, die er größtenteils selbst in der Natur seiner Heimat entdeckt.  

All das spiegelt sich nach der Anfang 2022 abgeschlossenen Renovierung des Restaurants auch im Gastraum des Rutz wider. Das zweigeschossige Wandregal bietet seither gewissermaßen eine Werkschau Müllers, der dort sämtliche seiner teils fermentierten Ingredienzien wie Fichtennadeln und Kombucha ausstellt, den Gästen damit einen echten Blickfang präsentiert und zudem zeigt, was das Berliner Umland an Zutaten alles zu bieten hat. Definitiv „eine Reise wert“, wie es so treffend in der Drei-Sterne-Bewertung des Guide Michelin heißt! 

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Skifahren in der DDR

Eine Reise wert ist für den Spitzenkoch auch das Skifahren: ein Hobby, das selbst einen eingefleischten Hauptstädter regelmäßig aus seiner so lieb gewonnenen Umgebung lockt.  

Warum er gerne hoch hinauswill, wie und wo er heute am liebsten die Pisten herunterjagt und wie er in DDR-Zeiten das Skifahren erlernt hat, verrät Marco Müller im Gespräch mit SKIEXCLUSIV. 

Aus Liebe zum Skifahren

SkiEXCLUSIV: Herr Müller, der nächste Winter steht vor der Tür, und ich gehe davon aus, dass Sie sich bereits auf die Skisaison freuen ... 

Marco Müller: Absolut. Ich mag prinzipiell jede Sportart, die mit Brettern unter den Füßen ausgeübt wird. Im Sommerurlaub habe ich mit dem Windsurfen angefangen, weil ich das hier auch im Berliner Umland machen kann. Aber auch Wakeboarden und Kiten habe ich schon ausprobiert. Am liebsten ist mir aber tatsächlich das Skifahren. Deshalb haben wir für diesen Winter auch schon im Stubaital gebucht. 

Was macht das Skifahren so besonders für Sie? 

Ich mag es ungemein, mit Freunden und Familie in die Berge zu fahren. Die Stimmung ist dort – wenig verwunderlich – ganz anders als in Berlin. Die Natur, dazu die strahlende Sonne, die die Berge noch imposanter erscheinen lässt. Und dieser rasante Sport, der mir wahnsinnig viel Spaß bereitet. Das macht mich wirklich glücklich, dabei kann ich abschalten, den Kopf frei bekommen. Und ich möchte, dass meine Kinder all das erleben und hoffentlich den gleichen Spaß am Skisport entwickeln. 

Mit den Kindern zum Skifahren

Ihre Kinder fahren auch Ski? 

Meine größere Tochter habe ich bereits mit zweieinhalb Jahren auf die Skier gestellt, und sie hatte großen Spaß dabei. Das war noch vor der Pandemie, und inzwischen habe ich noch Zwillinge dazubekommen. Es wird dieses Jahr also spannend, wie sie sich alle schlagen. Wir stecken sie dieses Mal in die Skischule – da lernen sie das spielerisch und im Handumdrehen. Zumal die Bedingungen für kleine Kinder im Stubaital optimal sind, sogar auf dem Gletscher oben gibt es ein riesiges Areal nur für die Kids. 

Wie dürfen wir uns Ihren Aufenthalt in den Bergen grundsätzlich vorstellen? Ein schickes Hotel oder doch eher zurückgezogen in einem Apartment? 

Zurückgezogen nicht. Aber wie gesagt, wir fahren in einer größeren Gruppe, haben deshalb ein modernes und sehr schönes Ferienhaus zusammen gebucht. Mit dabei sind meine Familie, mein Bruder und weitere Bekannte. Das ergänzt sich gut, so können wir uns auch mit der Kinderbetreuung mal abwechseln, und jeder hat genug Freiraum, um zu entspannen oder die Pisten unsicher zu machen. 

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Skiurlaub für den Sternekoch

Das klingt nach einer Menge Spaß und vor allem auch lecker, wenn im Ferienhaus ein Chef mit drei Sternen am Herd steht ... 

Ja, Spaß ist da auf jeden Fall vorprogrammiert, das stimmt. Beim Kochen werden wir uns sicher aber auch mal abwechseln, und ein paar gute Flaschen Wein haben wir auch im Gepäck. Aber wir gehen auch gerne mal aus – es gibt ja überall in den Alpen und natürlich auch im Stubaital tolle Gasthäuser mit sehr guter Küche. 

Nun sind Sie Ur-Berliner, fest mit der Heimat verwurzelt und legen im Rutz obendrein größten Wert auf regionale Produkte. Da wird einem der Weg in die Berge und die Leidenschaft fürs Skifahren ja nicht gerade in die Wiege gelegt. Wie kam das? 

Daran sind sozusagen meine Eltern schuld. Da wir in Potsdam direkt am Wasser lebten, ist mein Vater zu DDR-Zeiten immer schon gerne Wasserski gefahren. Parallel dazu haben uns unsere Eltern aber auch von klein auf mit in den Skiurlaub genommen. Dabei haben wir natürlich andere Berge als die Alpen kennengelernt, zum Beispiel die Beskiden in Polen oder die niedere Tatra in der damaligen Tschechoslowakei. Gut, über die damalige Qualität der Liftanlagen dort hüllen wir hier mal lieber den Mantel des Schweigens, aber Schnee hatten wir mehr als genug. Perfekt, um das Skifahren in jungen Jahren zu lernen. Mit wenigen Unterbrechungen zu meinen Lehrzeiten fahre ich seither wirklich sehr regelmäßig in die Alpen.  

Wo Sterneköche Skifahren

Wie würden Sie denn Ihren eigenen Fahrstil beschreiben? 

Man sagt ja, dass man anders fährt, wenn man Kinder hat – das muss ich dieses Mal noch herausfinden (lacht). Im Grunde genommen versuche ich aber, so schnell und so gut wie möglich zu fahren. Ich fahre also zügig und gerne auch am Pistenrand, wo weniger los ist. Ein wenig Adrenalin sollte man schon ausschütten beim Sport. Ich habe früher auch gerne die Skirennen im Fernseher verfolgt, da war immer Action geboten, und das hat mich wesentlich mehr gefesselt als die Formel 1 beispielsweise. 

Wo fahren Sie denn am liebsten Ski? 

Prinzipiell fahre ich gerne hoch hinaus, dorthin, wo es einen Gletscher gibt. Die Bedingungen sind ab einer gewissen Höhe schließlich am besten. Daher steht aktuell das Stubaital bei uns hoch im Kurs. Mein liebstes Skigebiet ist allerdings Tignes in Frankreich. Das Hochgebirge dort bietet wirklich beste Voraussetzungen, die Pisten sind toll und die Schneebeschaffenheit wegen der Höhe fast immer optimal. Wegen der Familie werden wir nun aber vermehrt die österreichischen Skigebiete erkunden, der Weg dorthin ist einfach kürzer. 

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Hohe Ansprüche an die Skier

Wie wichtig sind Ihnen die Qualität und die Performance der Ski, die Sie fahren? 

Sehr wichtig. Ich leihe mir das Material immer aus, schaue aber genau hin, was mir unter die Füße kommt. Natürlich probiere ich auch gerne mal was Neues aus, mit der Zeit weiß man aber, womit man gut zurechtkommt und was man von einem Ski erwartet. Mein Bruder und ich versuchen uns auch immer wieder mal am Tiefschneefahren, was ja dann auch spezielle Ski erfordert. Dabei stelle ich dann aber wirklich fest, dass ich heute als Familienvater vorsichtiger bin – so etwas machen wir nur noch mit einem ortskundigen Guide. 

Haben Sie als Spitzenkoch abschließend noch einige Hüttentipps aus Ihren liebsten Skigebieten? 

Ich muss zugeben, dass ich meistens nur ganz kurz in Hütten oder beim Essen bin – wenn ich in den Bergen bin, möchte ich tatsächlich jede Sekunde auf der Piste verbringen. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum es keine tollen Fotos von mir beim Skifahren gibt (lacht). Im Grunde verbessert sich die gastronomische Qualität aber schon seit einigen Jahren fast überall in den Skigebieten. Sowohl in den Selbstbedienungsrestaurants als auch in jenen, in denen serviert wird. Und eigentlich braucht man nur den richtigen Riecher bei der Auswahl der Hütte. Man riecht ja häufig schon beim Betreten, wenn zum Beispiel Fertigprodukte oder Brühwürfel im Spiel sind und man lieber direkt wieder gehen sollte. Und wenn Sie dann auf der Suche nach einer besseren Hütte sind, können Sie sogar direkt noch mal die eine oder andere Abfahrt genießen. Genau mein Ding! 

Vielen Dank für die Zeit und das Gespräch und auf eine tolle Skisaison! 

© Rutz

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